Dienstag, 29. November 2016

[ #eText ] Die Österreichische Nationalbank in der NS-Zeit

Im Jahr 1938 hatte die Österreichische Nationalbank (OeNB) 800 Mitarbeiter, von ihnen waren immerhin 120 Nationalsozialisten, wiewohl die NSDAP seit 1933 verboten war. 

Sie konnten offensichtlich mit dem Wohlwollen der austrofaschistischen Regierungsfunktionäre rechnen. Wenige Monate vor dem „Anschluss“ hatte der zu den Austrofaischisten übergelaufene NS-Zellenobmann Leopold Cinovec eine Mitgliederliste aller Zellenmitglieder offenbart. Der austrofaschistische Funktionär ließ diese jedoch verschwinden. In Bregenz wechselte das ehemalige Mitglied des Vorarlberger Heimatschutzes (= Vorarlberger Heimwehr unter der Führung von Otto Ender), Edmund Ferric, schon im Mai 1933 zur NSDAP und blieb ihr auch während der illegalen Zeit "treu". 

Nicht so großzügig verhielten sich die Nazis: 80 Bankangestellte wurden aus politischen oder rassis­tischen Gründen entlassen, zwangspensioniert oder rückgestuft wurden. Zwei jüdische Mitarbeiterinnen sind Opfer des Holocaust geworden: Hilda Schafranek, Kassenbeamtin, wurde in Auschwitz ermordet; Karoline Winkler, Arbeiterin, kam im KZ Theresienstadt um. Drei Bankmitarbeiter wurden von Kollegen wegen NS-Kritik bei der Gestapo angezeigt, zwei von ihnen kamen in Haft, einer meldete sich schnell an die Front.

Freilich schienen die Nazis nicht vergessen zu haben, wer ihnen in der illegalen Zeit von den ideologisch verwandten Heimwehrlern nahe gestanden hatte. Wie auch andernorts erfuhren diese eine günstigere Behandlung. Der ehemalige österreichische "Austerity"-Finanzminister und vor der Machtübernahme der Nazis Präsident der Notenbank, Viktor Kienböck wurde vom neuen NS-Wirtschaftsminister Hans Fischböck beider Machtübernahme vor der Verhaftung geschützt und wurde mit  der Hälfte seiner Bezüge pensioniert. Die Pension betrug umgerechnet in Euro (Wert 2012) aber immerhin noch 12.800 Euro.

Die Studie „Reichsbankanstalten 1938–1945 am Beispiel der Reichsbankhauptstelle Wien“ beleuchtet die Vorgänge in der Österreichische Nationalbank (Reichsbankhauptstelle Wien) in den Jahren vor dem „Anschluss“ und unter dem Nationalsozialistischen Regime.
Die OeNB beauftragte eine Historikergruppe unter der Leitung von Univ.-Prof. DDr. Oliver Rathkolb und Dr. Theodor Venus, die bisher unerforschte Personengeschichte der Bank in den Jahren unmittelbar vor dem „Anschluss“ 1938 und in der NS-Zeit zu beleuchten.

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INHALTSVERZEICHNIS
Einleitung 5
Die nationalsozialistische Agitation in der Nationalbank 1930–1938 7
März 1938 – die „Machtergreifung“ in der Oesterreichischen Nationalbank 17
Entlassungen, Pensionierungen, Rückstufungen und Versetzungen 23
OeNB-Angestellte mit besonders schwerwiegenden Sanktionsmaßnahmen 25
Freiwillige Austritte 31
Maßregelungen von Angestellten jüdischer Abstammung und zwei Holocaustopfer 33
Zwei ermordete Angehörige von Angestellten 35
„Jüdischer Hintergrund“ und „ausnahmsweise im Dienst belassen“ 37
Die Maßregelung politisch missliebiger Angestellter 39
Denunziationen, Anklagen und Verurteilungen nach dem Heimtückegesetz 45
Die Anhängerschaft der NSDAP in den Reihen der Angestellten der
Oesterreichischen Nationalbank und der Reichsbankstellen in Österreich
und die Entnazifi zierung nach 1945 49
NSDAP-Mitglieder in der Oesterreichischen Nationalbank 53
Zusammenfassung 55
Abkürzungsverzeichnis 59
Quellenverzeichnis 60
Literaturverzeichnis 61
Anhang 63
Autoren 68