Donnerstag, 12. Januar 2017

[ #eText ] Die Schattenwirtschaft überwinden (Overcoming the Shadow Economy - Joseph E. Stiglitz / Mark Pieth)


Die der deutschen Sozialdemokratie nahestehende Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) hat in ihrer Publikationsreihe "Internationale Politikanalyse (IPA)" ein interessantes theoretisches Dokument zu den Steueroasen veröffentlicht. 

Die beiden Autoren sind keine Geringeren als der amerikanische Nobelpreisträger Joseph E. Stiglitz und der Schweizer Strafrechtsprofessor Mark Pieth. Beide hatten eine Expertengruppe (Panama) im Kampf gegen Steueroasen unter Protest verlassen. Sie veröffentlichen ihren eigenen Bericht. Der Bericht «Overcoming the Shadow Economy», der im November 2016 in Brüssel veröffentlicht wiurde, hat nur 25 Seiten und enthält lediglich zwölf Empfehlungen. Doch würden sie alle umgesetzt, die internationale Finanzindustrie stünde von einem Tag auf den anderen auf dem Kopf. Bislang versteckte Geldflüsse in Milliardenhöhe lägen auf einmal offen.

Hier liegt nun eine deutschsprachige Fassung vor,
  • Weltweit wächst der Konsens darüber, dass Steueroasen – Jurisdiktionen, die globale Standards zur unternehmerischen und finanziellen Transparenz unterlaufen – ein globales Problem darstellen: Sie ermöglichen Geldwäsche sowie Steuervermeidung und Steuerhinterziehung und begünstigen damit Kriminalität und eine unannehmbar hohe Ungleichheit bei der Verteilung des globalen Wohlstands.
  • Als führende Wirtschaftsakteure sind die Vereinigten Staaten und Europa in der Pflicht, Finanzplätze zur Einhaltung globaler Transparenzstandards zu zwingen. Dass sie hierzu über die erforderlichen Instrumente verfügen, zeigte sich eindrucksvoll bei der Bekämpfung des Terrorismus. Dass sie gegen Korruption sowie Steuervermeidung und -hinterziehung nicht entsprechend vorgehen, zeigt die Macht jener Interessengruppen, die von der Geheimhaltung profitieren.
  • Wo es in der globalisierten Welt Schlupflöcher gibt, werden Gelder durch diese Schlupflöcher fließen. Daher bedarf es eines globalen Systems der Transparenz. Die USA und die EU sind der Schlüssel dafür, dass sich die Waagschale zur Transparenz hin neigt, aber das kann nur ein Anfang sein: Jeder Staat muss seine Rolle als Teil der Weltgemeinschaft um der Schattenwirtschaft ein Ende zu machen; und besonders wichtig ist es hierbei, dass aus den heutigen Steueroasen Führungspersönlichkeiten hervorgehen, die zeigen, dass es Alternativmodelle für Wachstum und Entwicklung gibt.
  • Staaten sollten sich proaktiv positionieren – nicht nur gegenwärtige Mindeststandards erfüllen, sondern ihr wirtschaftliches Entwicklungsmodell am neuesten Stand der Entwicklung dieser Standards ausrichten. Jedes Land muss sorgfältig abwägen, ob es in einem nie endenden Wettlauf versuchen soll, mit der Fortentwicklung internationaler Standards Schritt zu halten, oder als Vorbild dienen und selbst Standards setzen möchte, denen nachzueifern schließlich andere sich genötigt sehen.
Joseph E. Stiglitz. Er ist ein US-amerikanischer Ökonom und Professor an der Columbia University. Professor Stiglitz wurde 1979 mit der John Bates Clark-Medaille und 2001 mit dem Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften ausgezeichnet. Stiglitz war erster Vizepräsident und Chefökonom der Weltbank sowie Mitglied und Vorsitzender des Rats der Wirtschaftsberater des US-Präsidenten. Sein neuestes Buch trägt den Titel The Euro: How a Common Currency Threatens the Future of Europe.

Mark Pieth. Er ist ein Schweizer Professor für Strafrecht mit dem Spezialgebiet organisierte und Wirtschaftskriminalität. Er war 24 Jahre lang Vorsitzender der OECD-Arbeitsgruppe zur Bekämpfung der Korruption und übte zahlreiche Ämter in internationalen Organisationen aus, darunter als Mitglied des Unabhängigen Untersuchungskomitees zum Oil-for-FoodProgramm der Vereinten Nationen.  Er trägt den Ehrendoktortitel der Universität Sussex (Vereinigtes Königreich).

Internationale Politikanalyse (IPA). Die IPA ist Teil der internationalen Arbeit der Friedrich-Ebert-Stiftung. In ihren Publikationen und Studien bearbeitet sie Schlüsselthemen der europäischen und internationalen Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Ihr Ziel ist die Entwicklung von politischen Handlungsempfehlungen und Szenarien aus der Perspektive der sozialen Demokratie.

Zu diesem Zweck leistet sie politische Beratung und organisiert Dialoge zwischen politischen Entscheidungsträgern, zivilgesellschaftlichen Akteuren und Experten. Auf diese Weise gestaltet sie politische Diskurse im In- und Ausland mit und arbeitet dabei eng mit anderen FES-Referaten und Auslandsbüros zusammen.

Friedrich-Ebert-Stiftung (FES). Die FES wurde 1925 als politisches Vermächtnis des ersten demokratisch gewählten deutschen Reichspräsidenten gegründet. Sie wurde 1933 von den Nationalsozialisten verboten und 1947 wiederbegründet. Als eine gemeinnützige, private, kulturelle Institution begründet sie die Leitideen und Ziele ihrer Arbeit mit der Wertordnung des Grundgesetzes und den Grundwerten und politischen Prinzipien der sozialen Demokratie.

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