Mittwoch, 16. August 2023

[ #Digitalisat ] Lassalle, Ferdinand: Die indirekte Steuer und die Lage der arbeitenden Klassen, 1873

Symbolbild Forgotten Books

[Retrodigitalisat] Ferdinand Lassalle behauptet in seiner „Verteidigungsrede vor dem Königlichen Kammergericht zu Berlin", dass die kapitalistische Bourgeoisie die indirekten Steuern, wenn auch nicht erfunden,so doch zu einem „unerhörten System" entwickelt habe, um sich das Privileg der Steuerfreiheit zu sichern; die indirekte Steuer ist „das Instrument, durch welches die Bourgeoisie das Privilegium der Steuerfreiheit für das große Kapital verwirklicht und die Kosten des Staatswesens den ärmeren Klassen der Gesellschaft aufbürdet." Diese Streitschrift und diese Rede haben wesentlich dazu beigetragen, dass der Ruf nach einer Verlagerung der Anteile des Gesamtsteueraufkommens von den indirekten zu den direkten Steuern im Namen der Gerechtigkeit  bis in unsere Zeit nicht verstummte.
  • Zwischenbemerkung Manchesterliberalismus. Ferdinand Lassalle entwickelte das Schmähwort Manchestertum zur Bezeichnung der deutschen Freihandelsbewegung. Dieses verwendete er erstmals 1863 in seiner Veröffentlichung Die indirekte Steuer und die Lage der arbeitenden Klasse. Darin schrieb er, dass „unsere Nichts-als Freihändler, die Affen der Manchester-Männer, diese lächerlichen, die sich dünken Ökonomen zu sein“ seiner Ansicht nach dafür verantwortlich sind, dass der Staat (damals) sozialpolitisch passiv blieb und die Arbeiter ihrem Schicksal überließ. In der Folge übernahmen sowohl sozialdemokratische als auch konservative Autoren den Begriff Manchesterschule als Kampfbegriff.
Indirekte Steuern. Lassalle definiert die indirekten Steuern als solche, „die auf irgendwelche Bedürfnisse ... gelegt werden und die sehr häufig der einzelne in dem Preis der Dinge bezahlt, ohne zu wissen und zu merken, dass er jetzt steuert, dass es die Steuer ist, welche ihm den Preis der Dinge verteuert". Das Kriterium der indirekten Steuern ist somit, dass bestimmte Steuern in die Kostenrechnung der Betriebe eingehen und auf den Endverbraucher voll abgewälzt werden können. Die Ungerechtigkeit besteht also darin, dass jeder Verbraucher unabhängig von der Höhe seines Einkommens mit einem annähernd gleichen indirekten Steuerbetrag belastet wird. Die prozentuale Steuerbelastung ist somit bei kleinen Einkommen größer als bei höheren und bei kinderreichen Familien stärker als bei kinderlosen Ehepaaren oder Ledigen. Diese Wirkung der indirekten Steuern wird als „Regression" bezeichnet und wurde bis heute als anti-sozial angeprangert.


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