Dienstag, 18. Januar 2022

[ #FreeBook ] Villa Mondragone – eine Papstresidenz als Villa

Eine Dissertation an der Fakultät für Architektur der RheinischWestfälischen Technischen Hochschule Aachen vorgelegte (2015) umfassende (688 S.)  und bebilderte Dissertation von Daniel Christoph Benjamin Buggert hat einen besonderen Vorarlberger (Hohenemser) Bezug und steht online. Bitte achten Sie unbedingt das Urheberrecht!

Villa Mondragone. Popularität erreichte der Hohenemser Kardinal Markus Sittikus III. durch den Bau gesellschaftlicher Zentren, wie eben der Villa Mondragone. Hier unterzeichnete auch Papst Gregor XIII. die Bulle zur gregorianischen Kalenderreform.

Der erhöht auf einem Hügel gelegene Gebäudekomplex gehört zu einer Gruppe von entlang der via Tuscolana gelegenen Villen zwischen Frascati und dem Monte Porzio Catone. Die Villa überragt ein 18 Hektar großes parkartiges Gelände. 1567 erwarb Kardinal Markus Sittikus III. (Marco Sittico Altemps, Mark Sittich von Hohenems) von Ranuccio Farnese die auf dem Gelände gelegene Villa Angelina, ein von den Ausmaßen her eher bescheidenes Gebäude, die später in Villa Tusculana umbenannt, und schließlich, nach dem Bau der Villa Mondragone, nur noch alte Villa (Villa Vecchia) genannt wurde. Zunächst ließ Altemps diese bereits bestehende Villa von den Architekten Jacopo Barozzi da Vignola und Martino Longhi da Viggiù erweitern.

Nach dem Abschluss dieser Arbeiten im Jahre 1571 hielt sich dort der Kardinal Ugo Buoncompagni, der spätere Papst Gregor XIII. für längere Zeit auf. Von Kardinal Buoncompagni stammte der Vorschlag, eine weitere größere Villa auf den Ruinen der villa dei Quintili aus dem Jahr 151 n.Chr. zu errichten. Die Planung übernahm Martino Longhi, der auch den Hohenemser Palast erbaute. Kardinale Altemps ("Hohenems"), ein überzeugter Anhänger des Kardinals, ließ die im Wappen der Familie Buoncompagni vorhandenen Symbole von Drachen an zahlreichen Stellen der Außenfassade des Gebäudes einarbeiten und bei der Gartengestaltung verwenden. Diesen markanten Drachenabbildungen hat die Villa Mondragone ihren Namen zu verdanken. Um 1613 erwarb Scipio Borghese, ein Neffe von Papst Paul V., die beiden Villen und den dazugehörigen Besitz von Graf Gian Angelo Altemps, dem Neffen des Kardinals Altemps für den stolzen Preis von 300.000 scudi. Ein solcher Landsitz in Frascati war neben einer römischen Stadtvilla unabdingbares Statussymbol.

Kurzfassung des Autors. Der Ursprungsbau der Villa Mondragone entstand zwischen 1573 und 1578 im Auftrag Kardinals Marcus Sitticus Altemps, der das Gebäude als Gasthaus Papst Gregor XIII. widmete. Der Boncompagni-Papst unterzeichnete am 24. Februar 1584 in den Räumen der Villa die Bulle „Inter gravissimas“, in der die Regelungen seiner Gregorianischen Kalenderreform zusammengefasst wurden. Obwohl die Villa somit ein Ort von besonderer historischer Bedeutung ist, wird die architekturhistorische Betrachtung von dem Bild der großen Anlage der Borghese Zeit zu Beginn des 17. Jahrhunderts geprägt. Alle bisherigen Forschungen zur Villa Mondragone entstanden auf Grundlage quellenkundlicher Studien. Der Verlust zahlreicher Akten und Schwierigkeiten bei der Zuordnung der in diesen Archivalien benannten Bauteile führten dazu, dass bisher keine genaue Rekonstruktion der Anlage für die Zeit des 16. Jahrhunderts angefertigt werden konnte. Mit den Methoden der bauforscherischen Bestandsuntersuchung konnte das Gebäude als Quelle seiner selbst erfasst und diese Lücke in der Baugeschichte der Villa Mondragone geschlossen werden.

Die Rekonstruktionspläne zeigen ein herrschaftliches Gebäude, in dessen Struktur zwei axiale Systeme gegeneinander gestellt werden. Auf der Talseite wird die Ansicht des Gebäudes durch eine spiegelsymmetrische Komposition aus dem Erschließungsweg der Villa und einer großen vorgelagerte Terrasse bestimmt, die auf den Eingang in der Mitte des Baukörpers ausgerichtet sind. Auf der Gartenseite – im Süden des Villengebäudes – wird diese Hauptachse zur Nebenachse umgedeutet, da die Mittelachse des großen Parterregartens, nach Osten versetzt, durch einen kleinen Annex des Hauptbaukörpers verläuft. In diesem provokativ bescheidenen Anbau, der die Symmetrie der Anlage durchbricht, befinden sich die päpstlichen Privatgemächer, die auf der Ebene des Piano Nobile in den Mittelpunkt gestellt werden. In der Gebäudestruktur stehen sich so in großem Kontrast die herrschaftliche Residenz eines Papstes und die einfache Behausung eines Eremiten gegenüber.Mit dieser klaren Struktur ist das Gebäude als architektonische Interpretation der Demutsformel „servus servorum dei“ zu verstehen, die seit Gregor dem Großen, dem wichtigsten Vorbild des Ugo Boncompagni, zur Intitulatio der Päpste gehört. In dieser Formel spiegelt sich die Auffassung des Papstamtes wider, dass der Papst zugleich als oberster Diener und unterster aller Knechte anzusehen ist.

Mit der baulichen Umsetzung wird verdeutlicht, dass der staatstragende Apparat als Notwendigkeit des Amtes begriffen werden muss, während der Papst selbst mit seiner zur Schau getragenen Demut und Bescheidenheit lediglich eine einfache Hütte benötigt. Das ikonografische Konzept der Villa fügt sich auf diese Weise lückenlos in die Rhetorik des Papsthofes zur Zeit der Gegenreformation ein, so dass die Villegiatur dieser Epoche nicht als Wiederbelebung der römisch antiken Tradition des „otium et negotium“ verstanden werden kann. Zum Verständnis dieser Villegiatur ist es vielmehr die Schöpfungslehre, die in der Gegenreformation als eine Grundlage des christlichen Glaubens in den Mittelpunkt gerückt wird, da sich der Schöpfergott in der Natur fortwährend den Menschen offenbart. Der Zugang zur Natur ist dementsprechend ein Akt der Devotion, bei dem die Nähe zu Gott gesucht wird.

Die Analyse panegyrischer Schriften, die zu Ehren Gregors XIII. verfasst wurden, zeigt, dass auch die Villegiatur des Papstes als solcher Akt gesehen werden sollte: Der Papst zieht sich zur inneren Einkehr in die Natur zurück, um – in Distanz zu den Irrungen der Stadt – seine moralische Integrität zu bewahren. Eine entsprechende Szene findet sich auch in der Vita des heiligen Gregors, die in einem Bilderzyklus in der Kapelle der Villa Mondragone gezeigt wird.

Das Vorbild des Papstes wird aber auch in größerem Maßstab inszeniert, indem in der Ortschaft Monte Porzio eine Stiftskirche errichtet wurde, die ebenfalls San Gregorio Magno geweiht ist. Diese Kirche liegt weithin sichtbar am Westhang des Ortes, so dass sie eine große Präsenz in der Landschaft besitzt. Auf dieses Gebäude sind der Giardino secreto und auch die Privatgemächer des Papstes ausgerichtet, so dass der Papst durch das Kirchengebäude fortwährend an die Tugendhaftigkeit seines Vorgängers erinnert wird.Am Ende der Betrachtung zeigt sich die Villa Mondragone also als Papstvilla der Gegenreformation, die in das Ensemble der Frascati-Villen als Ort der gemeinsamen kurialen Villegiatur eingebettet ist. Mit diesen Villen, zu denen große landwirtschaftliche Betriebe gehörten, verlieh der römische Hof sinnbildlich seiner ordnenden Kraft Ausdruck. Hierbei ist es die höchste Aufgabe des Papstes und seines Kardinalskollegiums, die von Christus erstellte Weltordnung und die der Schöpfung zu bewahren.


 [ #FREIHANDbuch ]

Ein schneller Blick auf den umfassenden Inhalt vor einem Download:
I. Einführung 5
1. Villa Mondragone: grundlegende Daten der Baugeschichte 5
2. Zum Forschungsstand: Wissenschaftliche Literatur, Quellen und die Rekonstruktion des Felice Grossi-Gondi 9
3. Fragestellung, Methodik und Zielsetzung der Arbeit 25
4. Danksagung 33
5. Anmerkungen 35
II. Die Villa Mondragone 36
1. Kardinal Altemps und Papst Gregor XIII. – Der Bauherr und sein Adressat 36
2. Der Bauablauf und die ursprüngliche Struktur der Gesamtanlage 40
Der Bauplatz und die Villa Vecia   42
Die Bauabsnitte der Villa Mondragone   48
Die  atise Logik der Anlage  54
3. Der Außenbau 56
Der Hauptbau der Villa Mondragone  56
Die Fassaden    59
Die Nordfassade – Die We fassade – Die Südfassade – Die O fassade – Die Fassaden der Terrassenbauten
Zusammenfassende Betratung des Außenbaus   77
4. Die innere Struktur der Villa 80
Die zeremonielle Raumfolge und die Privatgemäer des Papes 81
Das Primo Piano  82
Der Eingang der Villa Mondragone: Die Loggia verso il Vialone – Der große Androne – Der kleine Androne –
Die Wendeltreppe – Die Lichtregie der Eingangssequenz – DieWirtschaftsräume des Primo Piano: Die Wa e – Das Tinello – Die Cucina secreta – Die Cucina comune – Der Stall und die Räume unter dem Hängenden Garten
Funktionale Interpretation des Primo Piano   101
2 | I. Einführung
Das Piano Nobile  102
Die Loggia comune – Die Capella – Die Sala – Die Loggia secreta – Die Repräsentationsräume des Papstes –
Die Privatgemä er des Pap es und der Giardino secreto –
Das we li e Appartamento
Funktionale Interpretation des Piano Nobile   120
Die Loggia als Ve ibül – Die Appartamenti: Das
Appartamento des Pap es – Sala und Camera papagalli:
Funktion und Raumgröße – Das Appartamento des Kardinals
Die Räume des Mezzanino  128
Die Wendeltreppe – Die Da terrasse über der Loggia comune
– Die ö li en Räume des Mezzanino – Die we li en Räume
des Mezzanino – Die Da terrasse über der Loggia secreta
Funktionale Interpretation des Mezzanino   136
5. Exkurs: Das Wassersystem der Villa Mondragone 137
Der zentrale Wasserverteiler und der Brunnen
auf der Nordterrasse  140
Die Wasserversorgung der Cucina comune  144
Die Erweiterung des Kanalsy ems dur Jan van Zanten   145
6. Die Villa Mondragone als päpstliche Residenz 146
Die Wegeruktur der Villa und das Zusammen iel der
Funktionseinheiten  147
Die Sierheit des Papes  148
III. Die Villegiatur Gregors XIII. in der Villa Mondragone 152
1. Papstbauten als Hybridform der Bautypen Palast und Villa 153
Räume des ö entlien und ni tö entlien Handelns   153
Der Aufenthalt im Außenraum   159
Die Papresidenz als Hybrid  163
2. Servus servorum Dei: Die Demut des Papstes als
gegenreformatorisches Programm der Villa Mondragone 165
Die Struktur des Gesamtplanes der Villa Mondragone   165
Das ikonogra se Konzept der Villa Mondragone   168
I. Einführung | 3
3. Non Commovebitur: Der Berg des Drachen als Sinnbild
der Standhaftigkeit Gregors XIII. 177
Frascati – Città di Campagna  178
Villegiatur und Gegenreformation   184
IV. Zusammenfassung 203
Zusammenfassung  203
Conclusion (english text)  205
V. Abbildungen 207
Zu I. Einführung 207
Zu II. Die Villa Mondragone 220
Zu III. Die Villegiatur Gregors XIII. in der Villa Mondragone 301
VI. Anhang 343
1. Raumbuch und Befundsammlung 345
Vorbemerkung  345
Ebene 1 (Primo Piano)  348
Ebene 2: (Piano Nobile)  568
Ebene 3: (Mezzanino)  603
Ebene 0: (Terrazzone)  627
2. Die Bauakte vom 27. Dezember 1574 (Archivio Altemps) 650
Übersetzung und Zuordnung der Einzelpositionen   651
Gra se Zuordnung der Positionen zu Bauteilen des rekonstruierten Villengebäudes   657
3. Verzeichnisse 661
Literaturverzeinis  661
Abbildungsverzeinis  673
4. Plansammlung 675
Bestandspäne  675
Rekonstruktionspläne  678