Im Mittelpunkt steht die Frage, inwieweit die Höhe und vor allem die Art von Vermögen nach Geschlecht strukturiert waren. Weiters werden die Entziehung von Vermögen durch die Nationalsozialisten und die Restitutionen und Entschädigungszahlungen nach 1945 auf Geschlechterspezifika hin untersucht. Für die Zeit vor 1938 werden drei Themenbereiche besonders behandelt, in denen der Kategorie Geschlecht strukturierende Bedeutung zukommt, dazu gehören ökonomisches Handeln, worunter vor allem unternehmerische Tätigkeit verstanden wird, Vererbungspraktiken sowie die Ehe als Vermögen beeinflussender Faktor.
Die Studie gründet sich auf ein Sample von 788 Personen (337 Frauen, 451 Männer), die 1938 von vermögensrechtlichen Maßnahmen der Nationalsozialisten, d.h. deren Raubpolitik betroffen waren. Das Sample war für eine Studie der Historikerkommission der Republik Österreich erstellt worden. Es beinhaltet Vermögenswerte dieser 788 Personen zum Stichtag 27. April 1938, wie sie in der so genannten Vermögensanmeldung, mit der alle als jüdisch definierten Personen, ihr Eigentum den Behörden deklarieren mussten, erfasst waren.
Das in eine Datenbank eingespeiste Sample umfasst ferner Daten zu Restitution und Entschädigung. Diese Daten werden in der vorliegenden Arbeit erstmals geschlechtsspezifisch ausgewertet. Darüber hinaus werden mittels weiterer Quellen, darunter Verlassenschaftsakten, Testamente, Eheverträge, Handelsregister und Grundbücher, die Vermögenssituation von 78 der 788 Personen (Sample II) und ihrem familiären Umfeld, insbesondere ihrer Eltern und Geschwister erforscht. Ziel ist es unter anderem, die Herkunft des 1938 deklarierten Vermögens zu ergründen.
Begründet durch die Auswahl der Untersuchungspersonen, die vom Vorhandensein eines gewissen Mindestvermögens abhängig war, lagen die Unterschiede zwischen den Männern und Frauen des Samples weniger in den Vermögensvolumina begründet, als vielmehr in der Zusammensetzung des Vermögens. Das heißt, das Vorkommen und der Umfang von verschiedenen Vermögensarten waren geschlechtsspezifisch determiniert. Als Ursachen dafür werden in der vorliegenden Studie Vererbungspraktiken und ein segregierter Zugang zum Vermögenserwerb, insbesondere im Bereich des ökonomischen Handelns, des Unternehmertums, identifiziert. Im Detail herausgearbeitet werden Geschlechterspezifika bei Grundbesitz und Unternehmen sowie Vermögenstransfers zwischen den Generationen sowie zwischen Eheleuten. Heiratsgüter beeinflussten nicht nur die Vermögenssituation der Ehefrau bzw. Witwe und des Ehemannes, sondern stellten auch essentielle Finanzierungsquellen für Unternehmen dar. Als besonders bedeutsam stellt sich die Möglichkeit zum ökonomischen Handeln und damit zum Vermögenserwerb heraus, diese Möglichkeit wird, wie die einzelnen Fallgeschichten zeigen, vorrangig in der Familie entschieden.
Beim nationalsozialistischen Vermögensentzug war eine Unterscheidung nach Geschlecht kein vorrangiges Kriterium, so ein Ergebnis, jedoch können Geschlechtereffekte im Vorgehen der Nationalsozialisten gegenüber "Mischehepaaren" dokumentiert werden. Die Restitutionsergebnisse werden von mehreren Faktoren beeinflusst, darunter auch die beanspruchten Vermögenskategorien. Nach Männern und Frauen im Vergleich ausgewertet, spiegeln die Restitutionsergebnisse die Erfolgsquoten der jeweiligen Vermögenskategorien und indirekt die dahinter stehenden geschlechterspezifischen Vermögensstrukturen.
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- 30.1.17 [Letzte Aktualisierung, online seit 17.4.14]
Erster Teil
1. Einleitung 9
Vermögensstrukturen als Genderfrage 9
Untersuchungsgruppe 12
Juden/Jüdinnen 15
Zur Theorie von ökonomischem, kulturellem und sozialem Kapital 17
Untersuchungsfelder 20
Ehe als vermögensrelevanter Faktor 22
Erbschaften 23
1938 24
Restitution nach 1945 27
Rechtliche Grundlagen 27
Bezeichnungen: Kaufmann und Handelsfrau 30
Zahlen und Währungsangaben 31
Dank 32
2. Quellen 34
Sample 35
Die Datenbank 37
Matriken der Israelitischen Kultusgemeinde Wien 38
Verlassenschaftsakten 39
Handelsregister 41
Akten der Vermögensverkehrsstelle 41
Zweiter Teil
1. Das ökonomische Subjekt – UnternehmerInnen 45
Die Bevölkerungs- und Beschäftigungsstruktur in der
Zwischenkriegszeit 46
Geschlecht als Kategorie in der Geschäftswelt des beginnenden
20. Jahrhunderts 50
Berufsstruktur der jüdischen Bevölkerung 56
Bildungskapital 57
Berufskarrieren im Vergleich 58
Die Geschwister Hofmann: Akademikerinnen, Künstler und
UnternehmerInnen 58
Die Schwestern Wollner: Handelsfrau, Ehefrau,
Kleinunternehmerin 64
2. Ehe, Vermögen und Geschäft 69
Verwandtschaften und Unternehmensnetzwerke 71
Eheband – Geschäftsverbindung 74
Firmennamen 76
Ehepaar und Compagnie 77
Das Heiratsgut 80
Das Heiratsgut als Geschäftsgrundlage 86
3. Transmissionen – Tradierung von Vermögen und Kapital 91
Das österreichische Erbrecht 91
Das Ehegattenerbrecht 95
Vermögen durch Erben – Immobilien 97
Familienunternehmen 99
Unternehmensnachfolge 103
Dritter Teil
1. Statistiken des „Jüdischen“ 117
Statistische Erhebungen von Juden, Jüdinnen und ihrem
Vermögen 117
Gesetzliche Definitionen ab 1938 121
Die Vermögensverkehrsstelle 122
Exkurs: Die Ausstellung „Die Entjudung der Wirtschaft in der
Ostmark“ 124
2. Das 1938 angemeldete Vermögen 127
Gesamtvermögen 130
Grundvermögen 132
Betriebsvermögen 135
Finanzkapital 136
Wertpapiere 137
Bankguthaben 137
Versicherungen 138
Sachwerte: Schmuck, Luxusgegenstände, Kunst 138
Kapitalforderungen 139
3. Entziehung, Verlust und Verfolgung 142
Vermögensentzug als Bestandteil der NS-Ideologie 142
Limitierte Handlungsspielräume der Betroffenen 149
Die Israelitische Kultusgemeinde 153
Mischehen – ein Beispiel geschlechterspezifischer Verfolgung 154
Beispiel einer Mischehe: Die Neumanns 160
4. Restitution und Entschädigung 166
Rechtliche Rahmenbedingungen 167
Restitution und Entschädigung in Sample I 169
Restitutionsergebnisse nach AntragstellerInnen 171
Restitutionsergebnisse nach Vermögen und Vermögensarten 172
Restitution von Liegenschaften 173
Restitution von Unternehmen 174
Restitution und Entschädigung von Finanzkapital 175
Zum Symbolwert des Eigentumsverlustes 176
Vierter Teil
Eine Fallgeschichte 181
Familie und Geschäft 182
Heiraten 186
Erbschaften 190
Nationalsozialismus – Vermögensentzug 199
„Arisierung“ des Unternehmens 199
Zwangsverkauf des Hauses Billrothstraße 4 203
Emigration 204
Rückkehr 206
Restitution und Entschädigung 206
Restitution des Hauses Billrothstraße 4 207
Entschädigungsanträge und -zahlungen 209
Fünfter Teil
Conclusio 211
Handlungsspielräume durch Vermögen 215
Das Heiratsgut 217
Vermögensstrukturen 218
Nationalsozialistischer Vermögensentzug 220
Restitution nach 1945 221
Anhang
Literatur 223
Gedruckte Quellen 251
Quellenverzeichnis 253
Abkürzungsverzeichnis 255
Tabellenverzeichnis