Zunehmende Lohnungleichheit und Beschäftigungsprobleme in den OECD-Ländern haben Fragen der Lohnstruktur in den Mittelpunkt der Diskussion gerückt. Zu hohe Löhne für Niedrigqualifizierte seien ein Grund für hohe Arbeitslosigkeit - dies widerlegt der Professor Ronald Schettkat mit empirischen Arbeiten.
Das vorliegende E-Book fasst die wirtschaftswissenschaftlichen Grundlagen und Zusammenhänge zusammen und es werden die empirischen Befunde zur Lohnspreizung nicht nur in Deutschland sondern auch in anderen OECD-Ländern, vor allem in den USA, dargestellt. Diese Hypothese von der "Mindestlohnarbeitslosigkeit" hat der Wuppertaler Ökonomie-Professor Ronald Schettkat mit dem aktuellen Stand empirischer Forschung verglichen. Er hat weder in Europa noch Amerika einen Beleg dafür gefunden, dass die Lohnstruktur Arbeitsplätze im Niedriglohnbereich vernichtet und verhindert - wohl aber zahlreiche Indizien, die diesem Zusammenhang widersprechen.
Mehr Arbeitslose trotz gesunkener Löhne: Schon die Behauptung einer von unten gestauchten Lohnskala in Deutschland beruht auf längst veralteten Daten. Seit Mitte der 1990er Jahre hat die Lohnspreizung in Deutschland rasant zugenommen. Die relativen Löhne für Geringverdiener rutschten ab. Gleichzeitig ist die Arbeitslosenquote unter den Personen ohne Berufsabschluss in Westdeutschland überproportional angestiegen. Ein Befund, der nicht zur These von der lohnbedingten Arbeitslosigkeit passt.
Der Tunnelblick auf vollzeiterwerbstätige Männer festigte die Diagnose einer angeblich engen Lohnstruktur. Ausschließlich diese Gruppe hatte etwa der Internationale Währungsfonds (IWF) 2004 bei seiner Analyse im Blick und folgerte: Die deutsche Lohnstruktur sei "zu stabil", um mehr Beschäftigung zuzulassen. Tatsächlich arbeiten in Deutschland überproportional viele Frauen und Teilzeitkräfte für Niedriglöhne. Wer diese Gruppen ausklammert, kann den Niedriglohnsektor in Deutschland nicht richtig erfassen.
Diese Empirie zeigt: Nicht die deutsche Lohnstruktur verursacht die überproportionale Arbeitslosigkeit unter gering Qualifizierten. Entscheidend sei vielmehr ein anderer Faktor, so Schettkat. Der technische Fortschritt erfordere immer mehr qualifizierte Arbeit. Wer da nicht mithalten kann, hat es schwer auf dem Arbeitsmarkt. Wegen des technischen Wandels werden in allen hoch industrialisierten Volkswirtschaften nur noch wenige schlecht Ausgebildete beschäftigt - egal wie stark die Lohnstruktur in dem jeweiligen Land gespreizt ist.
Zudem gibt es Unterschiede zwischen den gering Qualifizierten der verschiedenen Länder. Mehrere Studien kommen zu dem Schluss, dass vergleichsweise höhere Löhne für die relativ geringer qualifizierten Arbeitnehmer in Europa gerechtfertigt seien. Schettkats Resümee: "Gering qualifizierte europäische Arbeitnehmer sind leistungsfähiger als ihre amerikanischen Kollegen." Außerdem beträgt ihr Anteil an allen Beschäftigten in Deutschland nur ein Drittel der US-Quote.
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- Ronald Schettkat "Lohnspreizung: Mythen und Fakten", 79 S., pdf, 400 KB, (19.5.2008)
- [Google Search] ⇒ Fakten gegen neoliberale Mythen zum Mindestlohn
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- 22.1.17 [Letzte Aktualisierung, online seit 8.7.08]