[eText] "Die Geschichte des Urchristentums bietet merkwürdige Berührungspunkte mit der modernen Arbeiterbewegung. Wie diese, war das Christentum im Ursprung eine Bewegung Unterdrückter: es trat zuerst auf als Religion der Sklaven und Freigelassenen, der Armen und Rechtlosen, der von Rom unterjochten oder zersprengten Völker ..."
Zur Geschichte des Urchristentums. So beginnt Friedrich Engels "Zur Geschichte des Urchristentums", entstanden zwischen 19.Juni und 16.Juli 1894. Erstdruck in: Die Neue Zeit (Berlin), 13. Jg., 1894-95, 1. Band, Nr. 1 und 2. In einer Fußnote setzt sich Engels dabei auch mit dem Islam auseinander. Es wird überraschen, dass Engels die christliche Auffassung für die fortschrittsfähigere hielt.
Fußnote. Auch wenn es sich nur um eine, die einzige Fußnote, also Randnotiz "Zur Geschichte des Urchristentums" handelt und über hundert Jahre alt ist, doch noch immer ein weit bemerkenwerterer Gedanke als die Minarett- und CulturalClash-Debatte:
"Einen eigentümlichen Gegensatz hierzu bilden die religiösen Aufstände der muhammedanischen Welt, namentlich in Afrika. Der Islam ist eine auf Orientalen, speziell Araber zugeschnittene Religion, also einerseits auf handel- und gewerbetreibende Städter, andrerseits auf nomadisierende Beduinen. Darin liegt aber der Keim einer periodisch wiederkehrenden Kollision. Die Städter werden reich, üppig, lax in Beobachtung des "Gesetzes". Die Beduinen, arm und aus Armut sittenstreng, schauen mit Neid und Gier auf diese Reichtümer und Genüsse. Dann tun sie sich zusammen unter einem Propheten, einem Mahdi, die Abgefallnen zu züchtigen, die Achtung vor dem Zeremonialgesetz und dem wahren Glauben wiederherzustellen und zum Lohn die Schätze der Abtrünnigen einzuheimsen.
Nach hundert Jahren stehn sie natürlich genau da, wo jene Abtrünnigen standen; eine neue Glaubensreinigung ist nötig, ein neuer Mahdi steht auf, das Spiel geht von vorne an. So ist's geschehn von den Eroberungszügen der afrikanischen Almoraviden und Almohaden nach Spanien bis zum letzten Mahdi von Chartum, der den Engländern so erfolgreich trotzte. So oder ähnlich verhielt es sich mit den Aufständen in Persien und andern muhammedanischen Ländern.
Es sind alles religiös verkleidete Bewegungen, entspringend aus ökonomischen Ursachen; aber, auch wenn siegreich, lassen sie die alten ökonomischen Bedingungen unangerührt fortbestehen. Es bleibt also alles beim alten, und die Kollision wird periodisch. In den Volkserhebungen des christlichen Westens dagegen dient die religiöse Verkleidung nur als Fahne und Maske für Angriffe auf eine veraltende ökonomische Ordnung; diese wird schließlich gestürzt, eine neue kommt auf, die Welt kommt vorwärts."
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- 28.4.21 [Letzte Aktualisierung, online seit 21.6.11]